3.3.14

[ #darstellende-kunst ] Der Wasserstoff-Arier Kaspar Brandhofer

Als der erfolgreiche jüdische Schauspieler Leo Reuss wegen der Rassenpolitik im NS-Deutschland 1935 endgültig keine Möglichkeiten mehr sieht, kehrt er nach Wien zurück.

Doch auch hier findet er aus den erwähnten Gründen keine besseren Bedingungen vor. Da spielt, erfindet er das "Überlebenstheater" (Hilde Haider-Pregler): Im Theater in der Josefstadt meldet sich im Herbst 1936 ein blondbärtiger Älpler mit Namen Kaspar Brandhofer.
Er sagt, er komme direkt von einem Tiroler Bauernhof, sei ein theaterbesessener Autodidakt und könne eine Empfehlung von Max Reinhardt vorweisen. Dieser Mann, der angeblich nie zuvor auf einer Bühne gestanden hat und bei seiner Arbeit auf dem Hof Klassiker-Rollen aus alten Reclam-Heften memoriert hat, wird vom Fleck weg engagiert und sogleich in der nächsten Premiere, der Uraufführung von Lothars Dramatisierung der Schnitzler-Novelle "Fräulein Else" (Dezember 1936) in einer Hauptrolle herausgestellt, und zwar der des zynischen, bourgeoisen Ästheten Dorsday.


Eine ständestaatliche österreichische Verordnung  vom 29. Januar 1934 macht einen Knicks vor der Rassenpolitik der Nazis und schafft die traurige Grundlage für eine Köpenickiade, für Felix Mitterers Theaterstück "In der Löwengrube" und durch Leo Reuss (später: Lionel Royce) eine neue Theaterform, das "Überlebenstheater".

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