12.1.16

[ #geschichte ] Deutschland, sag mir, wo die Blumen sind!

Seit dem 9. Juni 1939 ist Marlene Dietrich amerikanische Staatsbürgerin,  ab März 1943 unternimmt sie im Auftrag der United States Entertainment Organization eine dreijährige Tournee zur Truppenbetreuung, teilweise gemeinsam mit ihrer Tochter Maria.  Darüber schreibt sie: "Das war das einzig Wichtige, was ich jemals gemacht habe". 

Mitte 1945 betritt sie seit 1932 zum ersten Mal wieder deutschen Boden. Seit Hitlers Machtergreifung hatte sie Deutschland gemieden und selbst die finanziell verlockendsten Angebote ausgeschlagen, für den nationalsozialistischen Film zu arbeiten. Als sie im November 1945 ihre Mutter in Berlin beerdigt, erklärt sie: "Ich fühlte, dass ich nicht nur meine Mutter zu Grabe getragen hatte, sondern dass es das Deutschland, das ich liebte, für mich nicht mehr gibt."


Angeblich verzeihen die Deutschen ihr dieses Engagement nicht: Nach dem Krieg wurde Marlene Dietrich als Verräterin beschimpft, und während einer Deutschlandtournee 1960 soll sie mit Ablehnung empfangen worden sein. Was wie eine prophetische Sicht und eine zutiefst humane Haltung gesehen werden könnte, wird ihr im Nachkriegsdeutschland angelastet. Die Journalisten berichten über ihren Auftritt im Jahre 1960 in Deutschland, dass ihr, der "Verräterin", eine Welle des Hasses entgegen geschlagen habe. Es kommt wohl zu unwürdigen Diskussionen und Ausschreitungen, so wurde sie von Demonstranten mit Plakaten: "Marlene hau ab!" empfangen. Doch ist dies wohl auch die verkürzte Sicht der Medien und Regenbogenorgane, der Journalisten, die sich in den Nachkriegsjahren nicht mehr gerne ihrer eigenen Verstrickungen erinnern wollen und die nicht unschuldig daran sind, sie als US-Vamp darzustellen.


Die Darstellung von Marlene Dietrich als "US-Vamp" durch die deutschen Medien dient deren eigener Entlastung. Es gereicht zum Ruhme, dass sie trotz Zusicherungen lukrativster Gagen, die ihr Hitler und Goebbels persönlich übermitteln ließen, niemals bereit war, den Nazis als Aushängeschild zu dienen: "Ich sah den Terror und das Unrecht. Ich sah die flüchtenden Juden in New York ankommen. Wir selbst haben viele von ihnen über Mittelsmänner in der Schweiz herausgeschleust."


Als die Emigranten kommen, finden sie bei ihr immer Hilfe und Essen. Als sie in das zerbombte Deutschland an der Seite der Befreier zurückkehrt, tingelt sie monatelang in irgendwelchen Verschlägen – für die Deutschen, versteht sich. Ihre Ablehnung des Dritten Reiches war durchaus politisch motiviert, was sie unter anderem durch ihren aktiven Einsatz als "kulturelle Soldatenbetreuerin" im Zweiten Weltkrieg bewies. Sie war zwar nie eine engagierte Widerständlerin. Wie sollte sie das auch im fernen Amerika geworden sein, aber sie zeigte von Anfang an eine instinktive Abneigung gegen das kulturelle und menschliche Banausentum der Nazis und blieb dieser Einstellung immer treu.

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