13.1.16

[ #malerei ] Die Verzückung der Hölle.

Was Hieronymus Bosch wirklich mit seinen Werken ausdrücken und vermitteln suchte, kann man ohne die Herstellungen eines historischen Kontextes nur ahnen. 


Schriftliche Aufzeichnungen existieren darüber nicht. Vielleicht war er ein gläubiger Christ, der nur auf die unmittelbaren Zustände der katholischen Kirche aufmerksam machen wollte. Möglicherweise versuchte er im Interesse der Kirche oder seines "richtigen" Glaubens mit Dämonen, Teufels- und Höllendarstellungen Gräuelpropaganda zu betreiben, um durch Angst und Schrecken Glauben zu produzieren? Oder er war wirklich ein Ketzer, der das Gedankengut einer Sekte malte. Manchmal wird er den Katharern zugeordnet, andere vermuten wegen der Freizügigkeit der Bilder, dass er Mitglied der mittelalterlichen Sekte der Adamiten war, die für schamfreie Sexualität eintrat. Bemerkenswert oft stellt Bosch auch Repräsentanten der Kirche in einen satirisch-kritischen Rahmen und dokumentiert malend Missstände. Nonnen und Mönche sind meistens die Opfer seiner sarkastischen Anspielungen, doch nicht nur sie, sondern auch Priester und Bischöfe nimmt er ins Visier. Diese Anspielungen auf das fragwürdige Verhalten der Kirchenvertreter tauchen in nahezu jedem Bild auf.


Die Erscheinungen und Missstände, die in der katholischen Kirche zur Zeit Boschs gang und gäbe waren, beflügelte sowohl Reformbewegungen als auch Sekten. Fundamentalismus und die Verheißungen eines Tausendjährigen Reiches waren dem Mittelalter ebenfalls nicht fremd. Lebensgier, Endzeitängste und gläubiges Hoffen kennzeichneten geradezu das Lebensgefühl der Menschen dieser Zeit. Man setzte Versuchung mit dem tatsächlichen physischen und psychischen Befall durch Dämonen gleich. Seine wichtigsten Werke wie "Der Heuwagen", "Die Versuchung des Heiligen Antonius" oder "Das Jüngste Gericht" und "Die sieben Todsünden" stecken voller Doppeldeutigkeiten, Anspielungen und Metaphern. Sie thematisieren nicht nur die Sünd- und Boshaftigkeit des Menschen auf der einen und die Leidensgeschichte bestimmter standhafter Heiliger auf der anderen Seite, sondern auch die Doppelmoral der Kirche, Mystisches, teils Okkultes sowie Alchemistisches.


Er illustriert ebenso die Scheinheiligkeit des Klerus als auch die Maßlosigkeit des Adels und das scheinbar sittenlose Leben des Volkes. Sein Stil folgt der Tradition der mittelalterliche Handschriftenillustrationen. Die Darstellung des Bösen zeigt sowohl Aspekte der Beschwörung als auch Warnung mit theologischem Unterton. Hieronymus Bosch setzte diese Gefühle in Bilder um und seine Leistung liegt wohl darin, den Gegensatz zwischen Schöpfer und Schöpfung, Geist und Materie, Wort und Fleisch ins Visuelle zu übersetzen, davon die Welt als das Materielle auf der Bildfläche auszubreiten. Seine Werke reflektieren auf bedrohliche Weise den sozialen und politischen Umbruch des späten Mittelalters, als die Reformation bereits vor der Tür stand.


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